Die Legende von Aro Tardun

Aus FreieFantasyWelt
Zur Navigation springen Zur Suche springen

I. Niederschriften von Giorgio Bigasetto

Vorwort

Kaum eine Gestalt ist weiter in der Märchenwelt von Tekaria Menschenvölkern verbreitet als die des Aro Tardun. Über ihn gibt es beinahe in jedem Volk Legenden. In vielen davon wird er nicht namentlich erwähnt, jedoch gehen Völkerkundler davon aus, dass es sich bei diesen Figuren um Tardun Handelt.

Der Picuser Ethnologe und Sprachforscher Adan Eldren hingegen, von der Picuser Fakultät für Sprachforschung und Ethnologie, leitet den Namen von dem Alt-Terranischen Spruch „Aruota Tardam en unduora“ ab, was laut Eldren so viel wie „Die Großen ruhen in Magie“ bedeutet. Laut seiner Theorie, handelt es sich keineswegs um eine einzige Figur, vielmehr gab es im Laufe der Zeit immer wieder Menschen oder andere Wesen, welche diese sagenhaften Kräfte besaßen. Im Laufe der Zeit kam es zu einer Verballhornung des Spruchs und der Name „Aro Tardun“ entstand daraus. Andere Ethnologen stehen dieser Theorie jedoch kritisch gegenüber.

Wie dem auch sei, ich möchte einige der Märchen Erzählen, die ich auf meinen Reisen durch Tekaria gehört habe. Dem aufmerksamen Beobachter wird auffallen, dass alle in gewisser Weise etwas gemeinsam haben.

Ich hoffe, die Märchen gefallen Euch, lieber Leser, so gut wie mir als ich sie zum ersten Mal hörte.


Giorgio Bigasetto, {{#ffwyear:436|aZ}}

Silbermantel

Es war einmal eine arme Magd. Sie arbeitete auf einem kleinen Bauernhof. Die Bauersleute waren sehr garstig und forderen sehr viel von der Magd und entlohnten sie nur durch eine Schüssel Suppe am Tag und ein Bett in der Abstellkammer für die Nacht. Die Bäuerin schob grundsätzlich die Schuld ihrer eigenen Fehler auf die Magd ab und der Bauer schlug sie oft mit der Rute.

Eines Tages, als die Bauersleute auf den Markt in der Stadt gefahren waren um einige ihrer Rinder zu verkaufen, zog sich die Magd die elegantesten Kleider der Bäuerin an und träumte der Hof würde ihr gehören und die Bauersleute würden nicht zurückkommen. Gegen Mittag fing es schlagartig an sehr stark zu regnen. Die Bauersleute hatten der Magd streg verboten Fremde ins Haus zu lassen, während sie nicht zu Hause waren. Und so schreckte die Magd zusammen, als es plötzlich an der Türe klopfte. Als sie aus dem Fenster sah, erblickte einen stattlich gebauten Jüngling von pechschwarzem Haar, mit blauen Augen wie der frühe Morgen, einem Umhang aus Silber um die Schultern und einem bezauberntem Lächeln. Sie hatte den Jüngling noch nie zuvor gesehen, doch er war so durchweicht von dem enormen Regen, dass sie nicht anders konnte, als ihm die Türe zu öffnen. „Edles Fräulein, ich will Euch keine Umstände bereiten, doch würde ich mich sehr freuen, wenn Ihr mir einen Unterstand gewährt bis es aufgehört hat zu regnen, dann will ich Euch auch entsprechend entlohnen und sogleich wieder meiner Wege ziehen.“, sprach der edle Jüngling. Die Magd fühlte sich geschmeichelt und ließ ihn herein. Als der Regen nach einigen Stunden geendet hatte bedankte sich der Jüngling bei der Magd und sprach: „Habt Dank, oh Herrin dieses Hauses, dass ihr mir Unterschlupf vor diesem Unwetter gewährt habt. Nehmt meinen silbernen Mantel als Dank, er soll euch stets Glück und Segen bringen.“

Dann zog er weiter und ward nichtmehr gesehen. Als die Bauersleute am Abend zurück kamen, bemerkten sie, dass ihre Magd wohl Besuch gehabt hatte. Der Bauer war außer sich vor Wut, jagte die Magd davon und schwor ihr er würde sie aufhängen wenn sie jemals wieder einen Fuß vor seinen Hof setzen würde. Ohne Geld, Essen und Unterkunft irrte die Magd einige Wochen ziellos im Land umher. Das Einzige, was sie besaß war der silberne Mantel, den ihr der Jüngling überlassen hatte. Da dies ihr einziger Besitz war wollte sie ihn auf keinen Fall abgeben. So kam sie eine Zeit lang bei einer alten Dame unter, bei der sie wohnen konnte, solange sie der Frau den Haushalt führte.

Doch als sie einige Monate später einen Sohn gebar, mit pechschwarzem Haar und Augen so blau wie der frühe Morgen. Konnte sie der Frau nicht mehr zur genüge helfen und wurde auf die Straße verwiesen. Sie hatte das Kind in den silbernen Mantel gewickelt, der es warm und sicher hielt. Nach einiger Zeit kam die Magd in ein Dorf, und da sie wieder nichts zu essen hatte fragte sie in einem Gasthof, ob man ihr nicht etwas zu essen geben könnte, denn sie wäre eine Mutter und könnte sonst ihr Kind nicht ernähren. Der Gastwirt betrachtete das Kind und den Mantel und sagte: „Wenn du mir deinen Mantel überlässt, so kannst du eine Mahlzeit haben.“ Das wollte die Magd auf keinen Fall, denn der Mantel war ihr ans Herz gewachsen. Sie drehte um und ging weiter und folgte dem Weg. Außerhalb des Dorfes wurde sie von Räubern überfallen. „Gib uns den Mantel und wir lassen dich und dein Kind am Leben!“ spotteten sie. Die wehrlose Magd begann erbittert zu weinen und war bereit den Mantel für das Leben ihres Kindes aufzugeben. Doch als die begann ihr Kind aus dem Mantel auszuwickeln breitete sich der Mantel aus, wurde durchsichtig und legte sich, wie eine Schutzhülle um sie und ihr Kind. De Räuber, die Angst vor Magie hatten, ergriffen die Flucht und wurden nichtmehr gesehen.

Von nun an trug die Magd den Mantel, und setzte ihren Weg unbeschadet fort, die Menschen in den Gasthöfen gaben ihr, aus Angst vor der Magie, zu essen und zu trinken so viel sie wollte, und auch Zimmer um zu Schlafen so lange sie wollte. Eines Tages, als ihr Kind schon 7 Lenze zählte, kam ihr auf einer Wanderung eine Kutsche entgegen in der ein schwarz-haariger Mann saß, den die Magd als den Vater ihres Sohnes erkannte.

Der Mann bedeutete den Kutscher anzuhalten, und wandte sich an die Magd: „Du, Magd, kannst du mir behilflich sein? Ich bin auf der Suche nach einer edlen Dame. Ihr gehört ein Bauernhof in der Nähe, in dem ich während eines Unwetters vor einigen Jahren Obdach fand. Ich kann sie leider nicht finden. Hast du sie vielleicht gesehen?“. Aus Scham gab sie sich nicht zu erkennen und antwortete nur, dass sie keine solche Frau kenne. Der Mann bedauerte dies sehr und verabschiedete sich. Auch die Magd ging weiter ihren Weg entlang. Nach einer kurzen Fahrt traf der Mann auf seinen Sohn, der ihm sehr ähnlich sah. Er fragte ihn nach seiner Mutter und als dieser auf die Silhouette der Magd zeigte, wurde dem Mann alles klar. Er sprang aus der Kutsche und lief in Richtung der Frau, die gerade hinter dem Stadttor verschwand.

In der Stadt angekommen wurde die Magd von zwei Stadtwachen festgenommen und zum Marktplatz geführt. Dabei endwendete eine der Wachen ihren Mantel. Auf dem Marktplatz war ein Scheiterhaufen aufgebaut. Die Magd wurde des brutalen Ausraubens verschiedener Wirte beschuldigt und zum Tod durch das Feuer verurteilt.

Als der edle Herr auf den Marktplatz kam, sah er wie die Liebe seines Lebens an den Pfahl des Scheiterhaufens fest gebunden wurdw. Er stürmte auf die Wachen zu und fragte, was es für einen Anlass für diese abscheuliche Bestrafung gebe. Als ein Wächter ihm berichtete, dass sie in Wirtschaften gelebt hatte ohne je zu bezahlen, versprach er sofort für alle Schulden aufzukommen, sofern die Frau ihrer Strafe entgehen konnte. Die Wirte gaben sich mit dem Geld zufrieden. Die Magd war überglücklich über ihre Rettung und fragte den Mann, was sie für ihn als Wiedergutmachung tun könnte. Er antwortete nur: „Werde meine Frau und sei unserem Sohn eine gute Mutter.“


Über Silbermantel

„Silbermantel“ wurde mir in einem kleinen Dorf, nahe der Idurischen Küste erzählt. Wahrscheinlich fragt Ihr Euch, wieso ich ausgerechnet dieses Märchen in Zusammenhang mit Aro Tardun bringe. Nun, es erschien mir, als ob der schwarzhaarige, blau Äugige Mann, Gemeinsamkeiten mit jenem Aro Tardun aus dem bekanntesten Aro Tardun Märchen „Die sieben Gletscher“ hätte. Beide haben pechschwarze Haare, beide haben einen Mantel, auch wenn der Mantel in „Die sieben Gletscher“ schwarz ist, und nicht Silber.

Mit diesem ersten Märchen meiner kleinen Sammlung, wollte ich auf den Einfluss Tarduns auf die gesamte Märchenwelt Tekarias hinweisen, der größer zu sein scheint, als man bisher angenommen hat.


Güldenhaar

Vor langer, langer Zeit reiste Aro Tardun durch die Lande und kam eines Tages an den Hof eines Königspaares, dem gerade ein Sohn geboren worden war. König und Königin behandelten Aro gut, denn sie hatten schon viel Gutes über ihn gehört. Aro blieb einige Zeit am Hofe des Königspaares und schloss das Kind, welches ebenso rabenschwarzes Haar hatte wie er selbst, in sein Herz. So kam es, dass Aro, als er abreiste, seinen silbernen Mantel dem Kinde schenkte und sprach: "Dieser Mantel soll dem Knaben, wenn er einst zum König heranwächst, viel Glück und Segen bescheren!" Das Königspaar war sehr erfreut über diese Gabe und lud Aro ein sie so oft zu besuchen wie er sich in der Nähe des Schlosses befände.

Dann zog Aro seiner Wege und ward lange nicht mehr gesehen.

Viele Jahre später kam Aro wieder in die Nähe des Schlosses des Königspaares und entschied sich, sie zu besuchen. Auf dem Weg zum Schlosse kam er durch einen Wald in dessen Mitte ein Weiher war. Am Rande des Weihers erblickte er eine Frau, die so bitterlich weinte, dass er sie schon aus einiger Entfernung schluchzen hörte. „Was habt ihr, edle Dame?“ fragte er sie. Und als sie sich umwandte, erkannte er die Königin, zu deren Hofe er gerade unterwegs gewesen war.

„Ich habe schrecklichen Kummer!“ schluchzte sie, als sie ihn erkannte und erzählte ihm von ihrem Leiden. Vor einigen Jahren, gerade ein Jahr nach der Geburt ihres schönen Kindes, war der König verstorben und ein anderer König hatte sie sich zur Frau genommen. Auch ihm hatte sie ein Kind geboren, doch befürchtete der König der Erstgeborene und rechtmäßige Erbe würde nach seinem Tod den Thron übernehmen und nicht sein eigenes Kind. Da setzte der König den Erstgeborenen im Walde aus. Die Königin aber, die ihr Kind liebte wie nichts anderes auf der Welt, wickelte ihr Kind in Aro Tarduns silbernen Mantel und hoffte es würde ihm das versprochene Glück bringen. Nachdem die Königin mit ihrer Geschichte geendet hatte, versprach Aro ihr, den Jüngling zu finden und ihn zu ihr zurück zu bringen. Sie bedankte sich überschwänglich bei ihm, dann küsste er ihr die Hand und schritt von dannen. Danach holte Aro seinen magischen Kompass hervor und sprach die Formel, mit der einem der Kompass überall hinführte, wenn man fest genug an den Ort dachte: „Zeig mir den Ort den ich begehr!“.

Da zeigte ihm der Kompass den Weg an und Aro ging und ging, viele Tage und Stunden, bis er an einen Bauernhof kam, auf dem ein armer Bauer und sein Weib lebten. „Seid gegrüßt!“ sagte Aro. „Ich bin auf der Suche nach einem Jüngling mit hohlschwarzem Haar, der von großer Schönheit ist.“

Die Bauern, die nicht wussten um was es ging, riefen den Buben, der gerade hinter dem Hause gespielt hatte. Und als Aro ihnen verkündete, dass er den Knaben mit sich nehmen müsse, da er ein Prinz sei, da weinte die Bäuerin ganz jämmerlich und umarmte den Jüngling, und küsste sein schwarzes Haar. Dabei fiel eine Träne herunter und färbte eine Haarsträhne in ein leuchtendes Gold.

Aro nahm den Jungen also mit sich, und sie erreichten den Hof nach einigen Tagen. „Nun gib acht, mein junger Freund“ sagte Aro und blickte dem jungen Prinz in die Augen. „Setz die Kapuze deines Silbernen Mantels auf.“ Der Junge tat wie ihm geheißen.

Die Wachen erkannten in dem Knaben den rechtmäßigen Erben und ließen die Beiden in den Thronsaal, wo sich der König gerade bei Speis und Trank befand.

Dann Sprach Aro Tardun zum König und dessen Gefolge: „Seht her! Dieser Knabe ist der rechtmäßige Erbe des Königs!“ und zeigte dabei auf den Jüngling neben ihm, dem einige seiner schwarzen Locken in die Stirne hingen. Ein raunen ging durch die Menge und der König begann schallend zu lachen.

„Nun gut“, sprach der König, „wenn dieser Knabe Haare aus Gold hat, so soll er mein rechtschaffener Erbe sein.“ Da der König nur die schwarzen Locken sehen konnte wiegte er sich bereits in Sicherheit, doch nun war es an Aro zu lachen. Er zog die Kapuze vom Kopf des Jünglings und die leuchtend goldene Haarsträhne kam zum Vorschein. Da stockte dem König der Atem, so dass er keine Luft mehr bekam und nie wieder einen Atemzug tat. Die Königin freute sich sehr über den Tod des falschen Königs und über das Wiedersehen mit ihrem Sohn. Dann erhob Aro erneut seine Stimme: „Doch nicht mir alleine verdankt ihr euer Glück! Ein Bauernpaar hat den Knaben im Wald gefunden und ihn aufgezogen, hat ihm Benehmen und Anstand gelehrt.

Da ließ die Königin die Bauern an ihren Hof holen, dankte ihnen von ganzen Herzen, und beschenkte sie reich mit Gold und Silber. Aro jedoch, zog wieder in seiner Wege. Und wenn er nicht gestorben ist, so sieht man ihn noch heute durch die Wiesen und Felder ziehen.

Über „Güldenhaar“

Dieses Märchen wurde mir in einem kleinen Dorf in der Nähe von Altburg von einer alten Frau erzählt. Ich habe es deshalb als zweites Märchen gewählt, weil Aro Tardun hier, im Gegensatz zum ersten Märchen, des öfteren bei Namen genannt wird. Als ich die alte Frau fragte, wer Aro Tardun gewesen war, gab sie mir folgende Antwort: „Aro Tardun war der Retter und Helfer aller Menschen in Not.“

Wie auch im ersten Märchen, kommt Tarduns silberner Mantel zur sprache. Aber es wird auch ein magischer Kompass erwähnt, den Aro in einem anderen Märchen findet. Chronologisch gesehen hätte ich dieses Märchen nach dem Märchen „Der Magische Kompass“ einordnen müssen, jedoch erschien mir dieses Märchen passender um einiges über den Charakter Tarduns zu erzählen. Er schien eine Art wandernder Retter zu sein, den sich das Volk in früheren Zeiten oft wünschte.