Die Legende von Aro Tardun
Kaum eine Gestalt ist weiter in der Märchenwelt Eraijas verbreitet als die des Aro Tardun. Über ihn gibt es beinahe in jedem Volk Legenden. In vielen davon wird er nicht namentlich erwähnt, jedoch gehen Völkerkundler davon aus, dass es sich bei diesen Figuren um Tardun Handelt.
Der Picuser Ethnologe und Sprachforscher Adan Eldren hingegen, von der Picuser Fakultät für Sprachforschung und Ethnologie, leitet den Namen von dem Alt-Terranischen Spruch „Aruota Tardam en unduora“ ab, was laut Eldren so viel wie „Die Großen ruhen in Magie“ bedeutet. Laut seiner Theorie, handelt es sich keineswegs um eine einzige Figur, vielmehr gab es im Laufe der Zeit immer wieder Menschen oder andere Wesen, welche diese sagenhaften Kräfte besaßen. Im Laufe der Zeit kam es zu einer Verballhornung des Spruchs und der Name „Aro Tardun“ entstand daraus. Andere Ethnologen stehen dieser Theorie jedoch kritisch gegenüber.
Wie dem auch sei, ich möchte einige der Märchen Erzählen, die ich auf meinen Reisen durch Eraija gehört habe. Dem aufmerksamen Beobachter wird auffallen, dass alle in gewisser Weise etwas gemeinsam haben.
Ich hoffe, die Märchen gefallen Euch, lieber Leser, so gut wie mir als ich sie zum ersten Mal hörte. Giorgio Bigasetto, 436 Altburger Zeitrechnung
Silbermantel
Es war ein Mal vor langer, langer Zeit, da lebte eine arme Magd. Sie hatte weder viel zu essen, noch viel zu trinken und die Bauern auf dem Hof auf dem sie Lebte behandelten sie schlecht, obwohl sie selbst viel Geld und viel zu essen hatten. Sie wurde oftmals bestraft für Dinge, für die sie nichts konnte und oft schlug sie die Bäuerin mit der Rute.
An einem sommerlichen Tag, als die Bauern an den Markt gefahren waren um einige ihrer Rinder zu verkaufen, zog die Magd die schönsten Kleider der Bäuerin an und stellte sich vor der Hof würde ihr gehören. An dem Hof gab es außer ihr keinen Knecht und so war sie ganz alleine am Hofe. Die Bauern hatten der Magd verboten Fremde ins Haus zu lassen, und als es plötzlich an der Türe klopfte, schreckte die Magd zusammen. Sie sah durch das Fenster und erblickte einen Jüngling von pechschwarzem Haar, mit blauen Augen wie der frühe Morgen und einem Umhang aus Silber um die Schultern. Der Jüngling gefiel ihr so gut, dass sie ihm nicht länger widerstehen und sie öffnete die Türe. „Edles Fräulein, bitte gewährt mir einen Unterstand bis es aufgehört hat zu regnen, dann will ich sogleich wieder meiner Wege ziehen“, sprach der junge Herr. Die Magd fühlte sich geschmeichelt und ließ ihn herein. Als der Regen geendet hatte bedankte sich der Jüngling bei der Magd und sprach: „Habt Dank, oh Herrin dieses Hauses, dass ihr mir Unterschlupf gewährt habt. Nehmt meinen silbernen Mantel als Dank, er wird euch Glück und Segen bringen.“
Dann zog er von dannen und ward nichtmehr gesehen.
Einige Monate später gebar die Magd einen Sohn, mit pechschwarzem Haar und Augen so blau wie der frühe Morgen. Der Bauer, der nicht verstand wessen Kind das war, jagte die Magd mit ihrem Kind davon, und schwor ihr er würde sie aufhängen wenn sie jemals wieder einen Fuß vor seinen Hof setzen würde. So zog die Magd mit ihrem Kind von dannen. Sie hatte das Kind in den silbernen Mantel gewickelt, der es warm und sicher hielt. Nach einiger Zeit kam die Magd in ein Dorf, und da sie nichts zu essen hatte fragte sie in einem Gasthof, ob man ihr nicht etwas zu essen geben würde, denn sie wäre eine Mutter. Der Gastwirt betrachtete das Kind und den Mantel und sagte: „Wenn du mir, Fräulein, deinen Mantel gibst, so kannst du so viel essen wie du willst.“ Das wollte die Magd nicht. Sie drehte um und ging weiter und folgte dem Weg. Auf dem Weg wurde sie von Räubern aufgehalten. „Gib uns den Mantel und wir lassen dich am Leben!“ riefen sie. Die Magd begann zu weinen, denn ihr war der Mantel kostbar und wertvoll geworden. Doch als Sie begann ihr Kind aus dem Mantel auszuwickeln breitete sich der Mantel aus, wurde durchsichtig und legte sich, wie eine Schutzhülle um sie und ihr Kind. De Räuber, die Angst vor Magie hatten, ergriffen die Flucht und wurden nichtmehr gesehen.
Von nun an trug die Magd den Mantel, und setzte ihren Weg unbeschadet fort, die Menschen in den Gasthöfen gaben ihr zu essen und zu trinken so viel sie wollte, und auch Zimmer um zu Schlafen so lange sie wollte. Eines Tages, als ihr Kind schon 7 Lenze zählte, kam ihr eine Kutsche entgegen in der ein schwarz-haariger Mann saß, den die Magd als den Vater ihres Sohnes erkannte.
Der Mann bedeutete den Kutscher anzuhalten, und wandte sich an die Magd: „Oh wunderschönes Weib, könnt ihr mir helfen? Ich bin auf der Suche nach einer edlen Dame, der ich einen Mantel schenkte, der so silbern ist wie der Mond. Habt ihr sie gesehen?“
Die Magd, die den Mantel unter ihrer normalen Kleidung trug, lächelte und sagte „Ja, ich habe sie gesehen. Nehmt mich mit auf eurer Kutsche, und ich führe euch zu ihr.“
„Was wollt ihr von der Magd?“ fragte sie, und hoffte, der Mann würde nicht seinen Mantel zurückwollen, denn er hatte ihr bereits so viel Glück gebracht. „Ich will sie zur Frau nehmen, denn keine schönere ist mir in meinem Leben begegnet.“
Da legte die Magd ihre Jacke ab und man sah den silbernen Umhang, so dass der Mann sie erkannte. Von da an lebten die beiden glücklich und zufrieden zusammen, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute. An den Bauern jedoch, hat die Magd mit der Hilfe ihres Gatten schreckliche Rache genommen und sie bei lebendigen Leibern begraben.
Über Silbermantel
„Silbermantel“ wurde mir in einem kleinen Dorf, nahe dem Idurischen Meer erzählt. Wahrscheinlich fragt Ihr Euch, wieso ich ausgerechnet dieses Märchen in Zusammenhang mit Aro Tardun bringe. Nun, es erschien mir, als ob der schwarzhaarige, blau Äugige Mann, Gemeinsamkeiten mit jenem Aro Tardun aus dem bekanntesten Aro Tardun Märchen „Die sieben Gletscher“ hätte. Beide haben pechschwarze Haare, beide haben einen Mantel, auch wenn der Mantel in „Die sieben Gletscher“ schwarz ist, und nicht Silber.
Mit diesem ersten Märchen meiner kleinen Sammlung, wollte ich auf den Einfluss Tarduns auf die gesamte Märchenwelt Eraijas hinweisen, der größer zu sein scheint, als man bisher angenommen hat.